Ich bin genau richtig

Zum Schulbeginn im September 2019 durfte ich für eine Erstklässlerin einen knallgelb gemusterten Stein mit dem Spruch „Ich bin genau richtig“ zaubern. Eine der wichtigsten Botschaften, die man Kindern mitgeben kann, wie ich finde.
Ich selbst habe aus meiner Kindheit den Glaubenssatz „Du bist nicht gut genug“ mitgenommen. Das wurde mir erst als Erwachsene bewusst. Ich hatte diesen negativen Glaubenssatz nicht, weil mich meine Eltern nicht lieben bzw. geliebt haben (mein Vater lebt nicht mehr). Und nicht, weil ich diesen Satz je exakt so gehört habe, aber ich habe es so empfunden.

Geliebt, aber nicht gut genug

Weil ich mich oft unverstanden fühlte. Weil ich mich als Erstgeborene von uns drei Geschwistern für viele Konflikte verantwortlich fühlte, die ich nicht lösen konnte. Weil ich oft sehr, sehr allein in meiner Welt war. Weil mein Licht damals nicht stark genug war, um alle dunklen Ecken in unserer Familiengeschichte auszuleuchten. Weil um mich herum vieles im Argen, im ganz, ganz Argen war. Weil mein Vater mir das Gefühl gegeben hat, dass ich nur deswegen toll bin, weil ich ein „Männerhirn“ habe. Das hat er tatsächlich zu mir gesagt. Wow! Was für eine Aussage, die ich damals sogar als Kompliment aufgefasst habe.

Warten auf den Richtigen

Ich fühlte mich auch nicht „richtig“, weil meine beiden besten Freundinnen im Alter von 15 Jahren ihren ersten festen Freund hatten und mich niemand wollte. Das war wahrscheinlich nicht wirklich so, aber ich habe niemanden an mich herangelassen und sollte erst Jahrzehnte später erfahren, warum das so war. Instinktiv, aber sehr unglücklich habe ich auf den richtigen gewartet. Und der kam erst, als ich 21 war. Und gab mir das Gefühl, genau richtig zu sein. Das erste Mal in meinem Leben fühlte ich mich wie eine Traumfrau.

Lieber besonders als brav

Nun habe ich selbst zwei Töchter und mein Mann und ich versuchen natürlich, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie genau richtig sind. Wir finden auch, dass sie das sind. Nona! Jede auf ihre Weise –und unterschiedlicher könnten unsere beiden Schätze nicht sein. Es reicht nicht, ihnen immer wieder „Ich hab‘ Dich lieb“ zu sagen, sie müssen es spüren. Sie müssen spüren, dass sie für ihr Innerstes und ihre Einzigartigkeit geliebt werden und nicht für ihre Leistungen, ihr Aussehen oder ihren Willen zu kooperieren und „brav“ zu sein.

Kullernde Tränen und knallende Türen

Das Wichtigste und zugleich Schwierigste dabei ist, authentisch zu sein. Es ist nicht so, dass bei uns nicht die Fetzen fliegen würden. Verbal sind wir alle nicht gerade zimperlich. Vor allem als die Kinder noch kleiner waren, flossen oft Tränen, es wurden Türen zugedroschen und es wurde richtig laut gebrüllt. Aber es durfte sein und wir haben uns danach immer entschuldigt und uns ausgesprochen, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Denn „genau richtig“ zu sein, heißt ja nicht, keine Fehler zu machen und sich nicht weiterzuentwickeln. Aber eben jeder auf seine Weise und wie es seinem Wesenskern und seinem Seelenweg entspricht.

Club der Leichtigkeit für mehr Unbeschwertheit in Deinem Alltag

4 thoughts on “Ich bin genau richtig

  1. Liebe Ines.
    Wunderschön…und ich konnte deine Verbindung zu den Erzählungen und Steinen fühlen.
    „Ich bin genau richtig“ hat mich gezogen und sehr berührt, vielleicht weil ich gerade einen Workshop über Selbstliebe vorbereite und die Botschaft des Steins mit Selbstakzeptanz, Selbstliebe und Mut assoziert habe.
    Sehr schön wie und was du schreibst.
    Beim Lesen dachte ich, jedes Kind (eigentlich jeder Mensch) sollte einen solchen Stein bei sich tragen als Erinnerung an die eigene Liebe und Kraft 😍
    Danke DIR.

  2. Oh liebe Ines, Danke! Als wären wir gerade plaudernd miteinander im Zug gesessen. Danke für deine wertvollen Gedanken!
    Dass ich sie gerade heute und jetzt lesen durfte ist so ein Geschenk. Heute war ein „ Mir reicht es Tag“ mit untypisch wirschen und selbstzweiflerischen inneren Monologen.
    Als sich meine drei Gurus dann Abends über Greta Thunberg unterhielten und ich nun deine sanft inspirierenden Worte lesen durfte, löste sich diese unfreuliche innere Verkrustung (fortgeschwemmt von einem stillen Tränchen).
    Durchatmen. Seufzen. Danke. Ich bin genau richtig.
    Das ist die Botschaft für meine kleine Intensivfühlerin und mich müde Mama-Frau.
    Umarmung💚

  3. Liebe Summer, vielen Dank für Deine Worte – da wurde mir gestern nach einem mühsamen Tag spätabends doch noch ganz warm ums Herz! Genau richtig… Alles Liebe & bis bald!

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